Schlafplatz der Feen

Text und Fotos: Stephan Käufer
Der kleine Namenlose Bach

Der kleine Namenlose Bach

Moosbewachsen liegt hier und da ein Wackerstein im Bett des kleinen, noch namenlosen Baches. Ein paar Rinnsale, die sich dicht bei den Gipfeln der Knockmealdown Mountains trafen, haben sich ein schmales Bett gegraben, weitere Wasser gesammelt um sich dann gemeinsam auf den munteren Abstieg ins Tal zu begeben. Jetzt, unterhalb der aus behauenem Naturstein errichteten Rundbogenbrücke, ergießt sich das lustig vor sich hinmurmelnde Gefliesse zwischen moorigen, saftig grünen Wiesen in einen kleinen Rückstau. Doch schon ein paar Meter weiter, zwischen Sträuchern und bunten Blüten am Überlauf der Stufe, folgt es schließlich seinem Weg weiter talabwärts. Nun ist es nicht mehr weit und der kleine, namenlose Bach vereinigt sein Wasser mit dem des River Tar.

Knockmmealdown Mountains

Knockmmealdown Mountains

Die Knockmealdown und die Monavullagh Mountains bilden einen natürlichen Bergriegel als Schutz vor den häufig kalten Atlantikwinden. Oft entladen sich die von ihnen mitgeführten Wasser über den Gebigszügen im südöstlichen Irland und helfen so, den Obstgarten der grünen Insel, die County Tipperary, zu bewässern.

Apfelblüte

Apfelblüte

„Das Wetter der letzten Wochen war kalt. An zwei, drei Nächten hatten wir noch minus drei Grad. Deshalb wird die Ernte in diesem Jahr nicht so gut ausfallen“, erzählt Cornelius Traas der Inhaber der „Apple Farm“. Cornelius steht inmitten eines Meeres weiß-rosa blühender Apfelblüten, die Sonne strahlt, heute ist ein warmer Tag, so wie auch schon an den vergangenen Tagen. Traas betrachtet eine der Blüten genauer. Die dunkle Färbung ihres Fruchtstandes ermöglicht ihm Rückschlüsse auf den Zustand der gesamten Ernte. Und der ist nicht optimal, Cornelius Stirn legt sich in Falten. „Trotzdem wird es ein „gutes Jahr“ werden“, vermutet der 44-jährige. Die meisten Äpfel werden direkt hier auf der „Apple Farm“ zu Apfelsaft weiterverarbeitet, ein paar finden den Weg in die Bäckereien der Umgebung.

Prämierter Apfelsaft

Prämierter Apfelsaft

Mit seinem Apfelsaft hat Traas bereits mehrere Gourmetpreise gewonnen. Auch sein Apfelessig erfreut sich großer Beliebtheit. Er setzt auf Qualität, nicht auf Quantität. Nicht die finale Menge der Apfelernte ist entscheidend sondern das Endprodukt, der Saft. Im Hintergrund zwischen den sich im warmen von den Bergen herunter kommenden Wind wiegenden Apfelblüten, stehen ein paar Wohnmobile. „Noch nicht viele, dafür ist es zu früh im Jahr“, meint Cornelius. Neben dem Stellplatz gibt es einen Hofladen wo er seine und die Produkte seiner Nachbarn direkt vermarktet. Empfehlenswert ist auch der angebotene Cider. Ein Freund produziert ihn in geringer Menge, er schmeckt köstlich. An der N24 zwischen Caher und Clonmel im südlichen Teil der County Tipperary liegt die Farm. Bis nach Cashel und zum legendären „Rock of Cashel“ ist es etwa eine halbe Autostunde. In etwa genau so lange fährt man mit dem PKW bis zu „The Vee“ der spektakulären Passstraße über die Knockmealdown Mountains.

Rock of Cashel

Rock of Cashel

Derselbe warme Atlantikwind der eben noch durch die Apfelblüten gestrichen ist fährt nun durch die Blätter uralter Eichen, umschmeichelt ihre knorrigen Äste und verfängt sich in den Fugen, die die mächtigen Felsquader des Rock of Cashel miteinander verbinden. Still in einer Ecke hockend, dem Raunen seiner Erzählungen lauschend, glaubt man in seinem wispern die alten Sagen zu vernehmen. Oder sind es die Stimmen der Feen, die den uralten Geschichten zufolge den Rock of Cashel zu ihrem Schlafplatz erkoren und jetzt vom Wind geweckt, in ein lautes Schimpfen verfallen. Nein, es ist wohl der Wind, der erzählt von stolzen Königen, vom heiligen Patrick, von Bischöfen, Zimmerleuten und Mönchen.

Monumental erhebt sich die alte Königsburg und Krönungsstätte der Könige von Munster weithin sichtbar über die flache Landschaft. Als Burg gegründet, angeblich vom heiligen Patrick zum Bischofssitz gemacht, wurde im 13. Jahrhundert mit dem Bau der gotischen Kathedrale begonnen. Während ihrer wechselvollen Geschichte war die Bischofsburg mal katholisch mal anglikanisch. Schließlich wurde sie von der englischen Kirche im 18. Jahrhundert aufgegeben. Ihr Verfall begann. Unterhalb des „Rock“ liegt die Stadt Cashel. Klein, gemütlich, etwas verschlafen aber typisch irisch. Eine Handvoll gute Hotels, ein paar Pubs, Andenkenläden, Supermärkte.

Cashel Town

Cashel Town

Neben der Besichtigung des Rocks lohnt auch ein Besuch des „Folk Village“ einer reetdachbeschirmten Sammlung von Gerätschaften der „guten alten Zeit“. Wer sich für Irish Folk und Tanz interessiert sollte das Brú Ború, ein Kulturzentrum unweit der Bischofsburg, besuchen. Aber auch als Basis für ausgedehnte Rad- oder Wandertouren in die Umgebung, oder die nahen Galtee Mountains bietet sich Cashel an.

Ein paar Meilen westlich der alten Bischofsburg führt der River Suir seine Wasser in ruhigem Fluss dem Atlantik entgegen. Südlich von Caher vereinigt der River Tar sich mit dem Suir. Und auch die Wasser des kleinen namenlosen Baches aus den Knockmealdown Mountains schwimmen munter mit im Strom des breiten Flusses. Ziehen dem Atlantik entgegen um irgendwann als labender Regenguss über den Bergen und den Obstplantagen der County Tipperary zurückzukehren.


52.51637494,-7.89150308
Cashel, County Tipperary, Irland

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